Vertiefung oder Erweiterung

Noch immer gibt es sehr starke Stimmen in der europäischen Politik, die keine Erweiterung der EU wollen, bevor es nicht zu einer sogenannten Vertiefung in vielen Bereichen kommt.

Wenn in ein paar Wochen Österreich den Vorsitz im Europäischen Rat übernehmen wird, werden viele Augen in den Ländern Südosteuropas auf Wien gerichtet sein. Nach dem jüngsten „Westbalkan-Gipfel“  in Sofia (mit Westbalkan werden im EU-Jargon jene Länder Südosteuropas bezeichnet, die noch nicht der EU angehören) erwartet man in der Region konkrete weitere Schritte der Unterstützung aus Österreich.

Alle Äußerungen der österreichischen Politik deuten auch darauf hin, dass man die Ambitionen der südosteuropäischen Länder unterstützen will. Allerdings muss man in der Frage realistisch bleiben. Nach wie vor gibt es sehr starke Stimmen in der EU, welche die Erweiterung gegen eine sogenannte Vertiefung ausspielen, und keine neuen Länder aufnehmen wollen, solange nicht bestimmte Politikbereiche vereinheitlicht sind.

Diese Ablehnung der Erweiterung und dieses Ausspielen Erweiterung gegen Vertiefung ist ein gefährlicher Irrtum der Politik. Denn es gibt auch andere Akteure der Weltpolitik, die in jedes Vakuum, das Europa hinterlässt, vorstoßen. Erweiterungspolitik muss auch unter dem Aspekt der Sicherheitspolitik gesehen werden. Gerade in Südosteuropa zeigen sich diese Fehler auf kleinem Raum. Man denke nur an die Einflussnahme Russlands, der Türkei oder auch Saudi-Arabiens in der Region. Je länger sich Europa zurückhält, umso stärker werden außereuropäische Einflüsse.

Hier kommt oft der Einwand, die Erweiterung sei zu teuer, sie koste etwas. Das ist eine sehr eindimensionale Betrachtung, die wesentliche Aspekte ausblendet. Selbst wenn man nur die wirtschaftliche Seite und die Kosten betrachtet, muss man überlegen, was die Kosten einer Zone der Instabilität – und die Politik der außereuropäischen Länder schafft Instabilität in der Nachbarschaft Österreichs – sind. Je höher die demokratischen und rechtsstaatlichen Standards sind, umso besser ist das für Europa, umso attraktiver wird es in der Region zu investieren und damit Wohlstand zu schaffen. Auch die Politiker der Länder Südosteuropas wissen, dass sie die Reformen nicht für die EU, sondern für ihre eigenen Länder machen.

Der eigene Finanzminister für die Eurozone oder ein eigenes Budget und ein eigenes Parlament für die Länder der Eurozone, wie es beispielsweise der französische Präsident Emanuel Macron immer wieder fordert, ist nicht so wichtig. Für finanzielle Stabilität könnten die Politiker der Mitgliedsländer der EU auch ohne diese neuen Institutionen sorgen – wenn sie nur wollten. Für Stabilität in der Nachbarschaft kann die EU aber nur sorgen, wenn man klare europäische Interessen vertritt. Und dazu gehört die Aufnahme der Länder Südosteuropas in die Europäische Union ganz eindeutig.  

 

Der Artikel erscheint auch auf der Seite der Paneuropabewegung Österreich.

 

Veröffentlicht am 25.Mai 2018.

Weblog EN

Die Ukraine gehört zu Europa

Eine europäische Perspektive für die Ukraine ist im Interesse Europas und im Interesse der Europäischen Union.

Read more >

Fundamente einer Außenpolitik

Wertehaltungen dienen auch als Leitlinie für die Außenpolitik. Doch was, wenn nicht mehr klar ist, wofür Europa in der Wertepolitik denn steht?

Read more >

Frohe Ostern

Ich wünsche Ihnen eine gnadenreiche Karwoche und ein segensreiches Osterfest!

Read more >

Binnengrenzen wieder öffnen, Außengrenzen schützen

Noch immer führen nationale Alleingänge zu Grenzkontrollen im Schengen-Raum und verhindern die Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Grenzschutzes.

Read more >

Anachronismus aus dem Jahre 1919

Das Adelsaufhebungsgesetz und die Habsburgergesetze sind ein Beispiel dafür, dass man so manche Gesetze mit einem Ablaufdatum versehen sollte.

Read more >

Beschwerdebücher und Bürgerwünsche

Bei aller Notwendigkeit für Politiker mit den Bürgern im Gespräch zu sein, bleibt doch die Grundfrage, ob die Politik dazu da ist, Wünsche der Bürger zu erfüllen, oder ob sie nur den Rahmen zu schaffen hat, in dem der freie Bürger...

Read more >

Gelbwestenrevolution?

Ähnlich wie in der Französischen Revolution versucht der jetzige französische Präsident die Anliegen und Beschwerden der Bürger zu sammeln. Weiter geht das historische Vorbild hoffentlich nicht.

Read more >

Die Bedeutung, die Europa zusteht

Karl von Habsburg plädiert in seiner Rede bei der Paneuropa-Konferenz für eine Stärkung der Außen- und Sicherheitspolitik der EU, für eine zügige EU-Erweiterung, und gegen den paternalistischen Wohlfahrtsstaat.

Read more >

Freiheit für Roman Sushchenko

Seit mehr als drei Jahren ist der ukrainische Journalist in Russland unter fadenscheinigen Anschuldigungen inhaftiert.

Read more >

Kurilen als Erpressungspfand?

Seit einiger Zeit geistert immer wieder die Diskussion um den Status der Kurilen-Inseln durch die Medien, wenn es sich um die Gespräche zwischen Russland und Japan handelt.

Read more >
Karl von Habsburg mit seiner Großmutter I.K.u.K.H. Kaiserin Zita von Österreich
Karl von Habsburg auf BlueShield Mission
Sanct Georgs Orden Umzug
Karl von Habsburg übernimmt die Standarte des KÖL als neuer Oberster Bandinhaber von seinem Vater Otto von Habsburg
KvH mit Ferdinand Zvonimir und einem Geistlichen
Karl von Habsburg mit seiner Frau Francesca und den drei Kindern
Otto von Habsburg und seine Frau Regina mit allen Kindern
KvH mit seinem Sohn Ferdinand Zvonimir im Rennstall

NACH OBEN