Vladimir Putin wird den 5. Juni 2018 in freundlicher Erinnerung behalten. Mit höchsten Ehren wurde der russische Präsident bei seinem Besuch in Österreich empfangen. Die Gespräche mit dem Bundespräsidenten, Kanzler und Vizekanzler, der Außenministerin, Vertretern der Wirtschaftskammer und der Industrie verliefen freundlich. Kritische Fragen wurden nicht gestellt, heikle Themen – wenn überhaupt – nur gestreift. Man hielt fest, dass Friede in Europa ohne Russland nicht möglich sei – ja, das ist genau das Problem –, Russland ein wichtiger Handelspartner sei, und Kanzler Kurz erfreute den Gast aus Moskau mit der Bemerkung, Russland sei eine Supermacht. Da werden sich auch die vielen Putinisten im Land gefreut haben.
Nun sind 50 Jahre Gashandelsverträge zwischen Österreich und Russland durchaus ein wichtiges Thema, um die Beziehungen der beiden Länder zueinander zu reflektieren. Immerhin, gegenüber Österreich hat Russland die Verträge immer eingehalten. Ein Privileg, das nicht für alle Handelspartner Moskaus gilt. Die Zusammenarbeit zwischen OMV und Gazprom funktioniert. Sogar so gut, dass der ehemalige Finanzminister (und damit Eigentümervertreter der OMV) nach seinem Abgang aus der Politik direkt als Lobbyist bei Gazprom anheuert. Auch neue Gaslieferverträge konnten unterschrieben werden (nur soviel zum Ende des fossilen Zeitalters und dem Ende der Abhängigkeit).
Bei einer nüchternen Betrachtung wird man feststellen, dass Österreich pro Jahr Güter – und da spielen die „Sanktionen“ wirklich keine Rolle – im Wert von 2,2 Milliarden Euro nach Russland exportiert. Die Länder Mitteleuropas sind da bedeutendere Handelspartner, selbst das kleine Slowenien liegt in der Rangliste noch vor Russland.
Natürlich ist nicht damit zu rechnen, dass Österreich der Hebel zur Aufhebung der Maßnahmen gegen bestimmte Teile der russischen Wirtschaft und des Systems Putin ist. Dafür gibt es keinen Grund, so lange Moskau die militärische Aggression gegen das Nachbarland Ukraine – unter Bruch aller Verträge und Versprechungen – nicht einstellt.
Wir leben aber nicht mehr in der alten Ost-West-Konfrontation, wo Wien als neutraler Brückenkopf zwischen den Blöcken galt. Österreich ist Teil der EU, wird deren Rat vorsitzen, und hätte deshalb gut daran getan, Putin daran zu erinnern, dass es nach den vielen Störungen der Beziehungen durch Moskau an der Zeit ist, auf den Boden der geltenden Verträge und Vereinbarungen zurückzukehren. Vladimir Putin wird diese vertane Chance als Schwäche registrieren und ausnutzen.
Der Artikel erscheint auch auf der Seite der Paneuropabewegung Österreich.
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